Ich saß mit Alex in seinem Garten, wir tranken Kaffee und unterhielten
uns über relativ unwichtige Dinge. Ich hatte mir gerade frischen
Kaffee in den Becher gegossen und wollte einen Schluck nehmen, als Alex
plötzlich rief: Trink das nicht!
Erschrocken stellte ich den Becher ab wenn Alex eine Warnung ruft,
sollte man besser darauf hören. Es schwirren bei ihm zu viele unheimliche
Dinge in Haus und Garten umher, die irgendwie aus seiner Werkstatt entkommen
sind. Da war zum Beispiel dieser Prototyp eines Fensterputzgerätes:
Ich hatte es nicht bemerkt und meine Tasche daneben abgestellt, und als
ich ein paar Stunden später wieder gehen wollte, war sie nicht nur
strahlend sauber, sondern auch völlig durchsichtig. Was ziemlich
bemerkenswert ist, weil sie aus Rindsleder war.
Diesmal aber sah ich sofort, was nicht stimmte: In meinem Kaffee hatte
sich ein kleiner Strudel gebildet, der wirbelte und sich drehte und langsam
durch den Becher wanderte.
In deinem Kaffee ist ein Schwarzes Loch, erklärte Alex
fröhlich.
Wie jetzt, eines von diesen Dingern, die alle Materie um sich herum
verschlingen? Werden wir da gleich hineingesogen, oder was? fragte
ich und betrachtete den Strudel misstrauisch.
Nein, nicht so ein Schwarzes Loch, sagte Alex. Keine
unendlich kleine Ansammlung schwerer Materie, die einen Schwerkraftsog
erzeugt. Wenn es das wäre, wärst du jetzt schon ein Spaghetti
ein sehr dünner, sehr langer Spaghetti, der
sich um das Loch wickeln würde. Nein, das hier ist nur ein Dimensionsleck,
eine kleine Öffnung von einer unserer gewöhnlichen drei Dimensionen
in eine andere. Du kannst dir das in etwa so vorstellen, als wenn die
Tasse ein Loch hätte.
Und durch das sickert jetzt mein Kaffee in eine andere Dimension?
fragte ich nach.
Ja, entweder das, oder durch einen Tunnel zurück in unsere
Dimensionen. Irgendwo tropft wahrscheinlich gerade jemandem Kaffee auf
die Hose, und er wird nie herausfinden, wo der herkam.
Ich dachte, ich hätte die Dinger alle gefunden, erklärte
Alex weiter und griff nach dem Milchkännchen. Ich hatte nämlich
versucht, in der Mikrowelle Antimaterie herzustellen, aber irgendwas ist
schiefgegangen, und es gab etwas Streustrahlung... Jedenfalls dachte ich,
ich hätte alle Löcher gefunden und zugemörtelt, aber anscheinend
ist dieses ins Kaffeepulver geraten, und da habe ich es übersehen.
Die Dinger sind so klein und dunkel...
Mit diesen Worten goss Alex mir Milch in meinen Kaffee. He, warte
mal, du weißt, ich trinke meinen Kaffee nur schwarz! protestierte
ich.
Das Loch auch, sagte er trocken. Die Milch wird es in
ein paar Minuten verklebt haben, dann sind wir es los. Und überhaupt,
wir machen jetzt eine Kaffeepause nämlich eine Pause vom Kaffee
trinken, bis wir mit der Arbeit fertig sind. Er griff sich beide
Becher und stellte sie beiseite.
Ich seufzte. Keine Möglichkeit mehr, mich zu drücken, aber
gut, schließlich war ich hierher gekommen, um für Alex die
Dachrinnen zu reinigen. Er fühlt sich auf einer Leiter nicht wirklich
wohl, und mir macht es nichts aus. Ich übernehme das regelmäßig
für ihn, damit kann ich ihm zumindest etwas von dem zurückzahlen,
was er für mich getan hat.
Alex brachte die Leiter und lehnte sie an die Hauswand. Ich griff mir
Eimer und Bürste und machte mich an die Arbeit.
Möchtest du Ohrstöpsel? fragte Alex.
Nein, es geht schon, wehrte ich ab. Die Bildstörungen
sind schlimmer. Es hat sich aber auch wieder jede Menge Zeugs angesammelt
bei dem Dauerregen in den letzten Tagen.
Sie kennen das sicher: Bei Regen ist der Fernsehempfang voller Störungen,
und Handyverbindungen haben Aussetzer, weil der Regen große Teile
des Signals mitreißt. Das Wasser fließt ab, aber die Dachrinnen
und die Gullys sind dann voller Gesprächsfetzen und flimmernder Fernsehreste.
Ich fegte das ganze Zeug zusammen und beförderte es in den Eimer.
Alex zerstampfte es noch einmal und spülte es dann in den Ausguss.
Zum Glück haben inzwischen alle Kläranlagen eine Wortklärstufe,
sonst wäre die Laberverschmutzung unserer Gewässer nicht mehr
zu ertragen.
Alex bedankte sich bei mir und holte die Kaffeebecher. Aus meinem war
der Strudel verschwunden, die Milch allerdings war immer noch drin. Ich
goss den Kaffee weg und schenkte mir neuen ein. Alex stellte ein Körbchen
mit Brommbeeren auf den Tisch, so frisch gepflückt, dass sie immer
noch leise brommten. Wir tranken Kaffee und naschten Beeren, bis die nächsten
Regenwolken aufzogen. Wie es aussah, würden sich die Dachrinnen schon
bald wieder füllen, dachte ich, als ich Alex verließ.
© P. Warmann