Ich war bei Alex, um ihm zu helfen, den Nachlass seines Onkels durchzusehen.
Wir saßen in der Werkstatt zwischen den Kisten und Kartons, die
Alex nach der Trauerfeier mitgebracht hatte.
Onkel Karl war auch so eine Art Tüftler, erklärte
er, obwohl mehr ein Heimwerker als ein Erfinder. Deshalb hat die
Familie beschlossen, dass ich das Werkzeug und so weiter bekomme. Onkel
Karl war nämlich nicht verheiratet und hatte auch keine Kinder, genau
wie meine Mutter er war ihr Bruder, weißt du.
Moment, fragte ich verwirrt, wie kann deine Mutter kinderlos...
Das ist etwas, über das meine Familie nicht gerne spricht,
unterbrach mich Alex. Er sah mich an, halb bekümmert und halb verlegen.
Ich ließ das Thema fallen und wandte mich dem ersten Karton zu.
Er enthielt Bücher. Alex nahm sie der Reihe nach heraus. Das erste
Buch sah aus, als wäre es oft in die Hand genommen worden. 140
Dinge zum anfangen und halb fertig liegen lassen las Alex
vor und wandte sich dann an mich: Übrigens, wenn du irgend
etwas von dem Kram haben möchtest, sag es.
Was haben wir noch? Tischlern mit verbundenen Augen, Das
große Buch der Ahlen und Pfrieme, Löffel-Reparaturen
leicht gemacht. Hm. Und was ist das für eine Schwarte? Die
hohe Kunst des Ölens von Türangeln. 630 Seiten!
Er schüttelte den Kopf und griff nach dem nächsten Buch. Wäre
das etwas für dich? Kaffee in jeder Lebenslage.
Ich nahm das Buch und sah es mir an. Interessant: Die Bohrmaschine
wird zur Kaffeemühle, Turbo-Kaffee direkt aus dem Boiler,
Ein Tässchen im freien Fall Kaffee trinken beim Fallschirmsprung.
Danke, Alex, das nehme ich gerne.
Alex holte das letzte Buch aus dem Karton. Mal sehen ... was?
Menschen zerlegen und konservieren?
Wir starrten uns an. Mit vielen farbigen Abbildungen? fragte
ich mit belegter Stimme.
Alex blätterte. Nein, keine Fotos, aber eine Menge präziser
Zeichnungen.
Wir sahen uns wieder an. Es sieht nicht aus, als wäre es viel
benutzt worden, sagte ich, bemüht, irgend etwas Positives zu
finden.
Nein... Alex blätterte wieder. Oh, hier ist eine
Widmung des Autors. Für Karl, der mein Hobby nie gutheißen
konnte, aber dennoch stets mein Freund blieb. Daher hatte er es
also.
Alex legte das Buch beiseite. Die anderen spende ich der Stadtbücherei,
aber das hier besser nicht.
Wir öffneten eine der Kisten. Anscheinend enthielt sie eine Art
Maschine. Alex untersuchte sie und runzelte die Stirn. Es gibt eine
Menge Zubehörteile, aber ich frage mich, was man hiermit macht. Das
Gerät heißt anscheinend UWA 2000.
Ich sah Alex über die Schulter. Ja, das kenne ich, das habe
ich in einem Katalog gesehen. UWA bedeutet Universal-Werkzeug-Attrappe.
Machen kann man damit gar nichts, aber wenn man es in der Werkstatt
aufstellt, sieht es unglaublich cool und professionell aus. Hat sechzehn
verschiedene schnellmontierbare nutzlose Vorsätze.
Auch in den restlichen Kisten war Werkzeug. Ich staubte eine Gehrungssäge
ab, einen Satz Dreieckprofil-Bohrer, eine Spleißschlinge und eine
gläserne Kombizange. Alex fand einen Stirnhobel, einen erstklassigen
Ultraschall-Schraubenzieher, einen explosionsgeschützten Schleifstein
und eine Schachtel mit Hochtemperatur-Supraleitern.
Ich bedankte mich herzlich bei Alex und machte mich daran, mein Zeug
zusammenzupacken. Alex gab mir einen Karton, und ich stapelte alles auf
einem Tisch am Fenster. Dort stand ein Blumentopf voller Erde. Ich schob
ihn beiseite das heißt, ich wollte es, aber etwas stach mich
heftig in den Finger.
Vorsicht, der unsichtbare Kaktus! rief Alex. Ein unsichtbarer
Kaktus. Was sonst. Von deiner Schwester? fragte ich, und Alex
nickte.
Übrigens, was die Kletterrose angeht, die hat zwar die meiste
Zeit in ihrem Kübel verbracht, während sie geblüht hat,
aber jetzt klettert sie wieder. Sie hat die Balkons vom Nachbarhaus für
sich entdeckt, und zwei der Mieter dort haben sich bei mir gemeldet. Der
eine hat sich beschwert, dass sie immer auf seinem Balkon ihre welken
Blätter abwirft. Der andere meint, er fände es zwar witzig,
dass eine Rose kommt, um sich bei ihm zu sonnen, aber sie wickelt sich
um seine Satellitenschüssel, und dann ist der Empfang gestört.
Weißt du Abhilfe?
Petersilie, erklärte Alex. Die mag sie nicht. Er
muss nur ein Sträußchen an die Schüssel hängen, das
hält sie fern.
Ich dankte ihm für diesen Rat, nahm meinen Kram und ging.
© P. Warmann