Im Möbelhaus.

Ich war mit meiner Frau im Möbelhaus, wir waren auf der Suche nach einem neuen Giftschrank.
„Der alte ist viel zu klein für meine Kollektion, besonders seit ich die ganzen afrikanischen Proben vom letzten Giftmischer-Kongress mitgebracht habe“, erklärte sie. „Ich muss unbedingt dieses kongolesische Lianendestillat ausprobieren, das die Leute angeblich zwei Wochen lang in tiefe Bewusstlosigkeit fallen lässt, aber gleichzeitig dauerhaft den Haarwuchs fördert. Und dann ist da noch dieses Zeugs, das sie ‘Mamba-Gift’ nennen – es schadet der Gesundheit überhaupt nicht, aber es erzeugt den unstillbaren Drang, sich von einer giftigen Schlange beißen zu lassen. Ist das nicht eine wunderbare Mord-Methode?“
„Schon“, sagte ich, „aber hierzulande würde es nur dazu führen, dass die Leute sich bei der Suche nach einer Kreuzotter die Füße wundlaufen.“
„Und dann wäre die noch nicht einmal tödlich giftig. Aber jedenfalls gefällt es mir nicht, die ganzen Gifte ungeordnet in einem Karton in der Kommode stehen zu haben, nur weil der Giftschrank voll ist.“
„Du hast Recht“, sagte ich. „Du brauchst einen neuen. Deshalb sind wir ja hier.“

Auf dem Weg zur Abteilung für Kleinmöbel fiel mein Blick auf einen Lesesessel.
„Das wäre etwas für mich“, sagte ich. „Sieh mal – mit echtem Dämonenleder bezogen, wunderbar weich, leuchtet sanft im Dunkeln und strahlt noch jahrelang die Wärme der Hölle aus.“
„Ich mag diesen Grünton nicht“, meinte meine Frau. „Und hattest du nicht gesagt, wir sollten unser Geld zusammenhalten, nachdem die Reparatur am Dach so teuer gekommen ist?“
„Ich habe immer noch die Hoffnung, dass sie diesen Holländer finden, der mit seinem Geisterschiff unseren Schornstein gerammt hat“, sagte ich. „Dann wird er dafür zahlen müssen. Aber du hast Recht, das Geld stecken wir lieber in unseren Urlaub.“
„Endlich wieder Winterurlaub! Und in einem lawinensicheren Gebiet! Garantiert mindestens alle drei Tage eine Lawine. Ich weiß, du freust dich schon darauf.“ Sie lächelte mich an.
„Ich liebe eben diesen majestätischen Anblick, wenn der Schnee die Hänge hinunterdonnert und ganze Wälder dabei mitreißt“, gab ich zu.

Wir schlenderten weiter.
„Hast du schon von dem neusten Fluch gehört, der im Umlauf ist?“ fragte ich. „Sie haben im Internet davor gewarnt. Offensichtlich ist es eine Weiterentwicklung vom ‘Märchenprinzen’ aus dem letzten Jahr.“
„War das nicht der, der einen Menschen angeblich in einen Frosch verwandeln sollte, ihn in Wirklichkeit aber nur glauben ließ, ein Frosch zu sein?“
„Ja, genau. Diese Variante ist aber noch eine Ecke komplizierter: sie lässt das Opfer glauben, ein Frosch zu sein, der in einen Menschen verwandelt wurde.“
Sie schüttelte den Kopf. „Wer denkt sich bloß sowas aus und belegt damit unschuldige Leute? Ich verstehe schon, dass verhindert werden soll, dass sich solche Flüche ungehindert verbreiten, und deshalb in jedem Haushalt Fluchmelder installiert werden müssen. Wir müssen sie bis zum Jahresende auch anbringen lassen.“
Ich verdrehte genervt die Augen. „Im Großen und Ganzen halte ich die Dinger ja auch für sinnvoll, aber wenn mein Vater zu Besuch kommt, werden wir Probleme bekommen. Jedes Mal, wenn er auf irgend etwas einen bösen Blick richtet, werden sie einen Fehlalarm auslösen.“
Meine Frau warf mir einen schrägen Blick zu. „Ich nehme an, deine Eltern werden keine Fluchmelder installieren? Und was machen sie, wenn ein Inspektor kommt und die Dinger sehen will?“
„Du kennst doch meinen Vater. Wenn er halbwegs milde gestimmt ist, wird er eine Illusion erzeugen, die den Inspektor zufriedenstellt. Wenn er nicht so gut drauf ist ... dann hetzt er ihm vielleicht Höllenhasen auf die Fersen.“
„Höllenhasen?“
„Ja – lange Ohren, glühende Augen, ein weicher Puschelschwanz und so lange scharfe Zähne.
Das hat er damals bei diesem Bezirksschornsteinfeger gemacht, und es gab einen Riesenärger, weil die sich hinterher in den Gärten der Nachbarschaft breit gemacht haben. Die Nachbarn haben verlangt, mein Vater sollte sie vertreiben, aber ihm war das zu viel Arbeit, daher hat er sie nur unsichtbar gezaubert. Was keine sonderlich gute Idee war, denn die Höllenhasen haben sich mit den Kaninchen der Gegend gepaart, und jetzt wimmelt es dort von mehr oder weniger unsichtbaren Karnickeln.“
Meine Frau bog sich vor Lachen. „Ich stelle mir gerade vor, wie ein Paar Ohren und ein Schwanz vorbeihoppeln...“
Ich musste grinsen. „Das kann durchaus passieren, aber die haben auch Höllenhasenblut in sich, und du willst bestimmt nicht wissen, was die mit Hunden anstellen, die blöd genug sind sie zu jagen.“
Sie schüttelte sich. „Erzähle es mir nicht. Aber deinem Vater gefällt es bestimmt.
Na schön, da vorne sind die Giftschränke. Was hältst du von dem Modell mit dem dezenten Fledermausmuster?“

© P. Warmann