Es begann damit, dass ich einen großen grünen Lieferwagen
auf unser Grundstück fahren sah.
Schatz, hast du einen Gärtner bestellt? fragte ich meine
Frau.
Natürlich nicht, antwortete sie. Wieso auch? Wir
haben doch einen Naturgarten, was sollte da ein Gärtner?
Ja, aber eben ist hier ein Wagen von einem Gartendienst Thorau
angekommen, und jetzt ich sah aus dem Fenster
geht gerade ein Gärtner am Haus vorbei.
Was? rief meine Frau, und wir eilten zur Hintertür und
hinaus in den Garten, um diese Seltsamkeit aufzuklären.
Dort war der Gärtner bereits heftig im Gange. In den paar Minuten,
die wir gebraucht hatten, um die Lage zu begreifen und uns feste Schuhe
anzuziehen, hatte er bereits ein Dutzend Pflanzen ausgerissen und war
jetzt dabei, mit einer altmodischen nicht-elektrischen Heckenschere an
den Büschen herumzuschneiden, die die Grenze zum Nachbargrundstück
bilden.
Lassen Sie das! rief meine Frau erbost und packte ihn am Ärmel.
Er reagierte darauf überhaupt nicht nicht einmal das rasende
Klappern der Heckenschere wurde langsamer. Sie zerrte noch einmal an seinem
Ärmel, aber er bewegte sich nicht einen Millimeter.
Ein seltsamer Typ, dachte ich. Er war sehr groß, breitschultrig,
und seine Haut hatte eine merkwürdige Farbe, fast ein Ziegelrot...
Meine Frau schnappte sich eine herumliegende Rosenschere und schlug ihm
damit heftig auf die Hand. Es machte Klonk!.
Ein Golem! rief sie.
Ja, genau, ich bin ein Golem, erklärte er stolz. Einer
der Niemals ermüdenden Männer aus Ton®, ausgebildet
zum perfekten Gärtner.
Fein, rief meine Frau, inzwischen wirklich wütend Aber
was genau soll das hier werden?.
Umgestaltung des Gartens, erklärte er bereitwillig. Entfernung
sämtlichen Unkrauts er zeigte auf die ausgerissenen
Pflanzen am Boden, und meine Frau rief wütend: Das war das
Beet mit meinen Zauberkräutern!
Unkraut, wiederholte er ungerührt. Dann Schnitt
der Hecken zu ordentlicher Kastenform, Umwandlung dieser wilden Wiese
in einen englischen Rasen und Roden aller unangemessenen Bäume.
Weiter hinten im Garten begannen die drei seltsamen unirdischen Bäume,
denen ich vor einigen Jahren das Wurzeln dort erlaubt hatte, ängstlich
mit den Blättern zu rascheln und näher zusammenzurücken.
Der Gärtner warf einen Blick über die Schulter. Ja, die
kommen als erste dran. Aber zuerst mache ich die Hecke fertig.
Hören Sie auf! rief ich. Wir haben Sie nicht bestellt,
also packen Sie sofort Ihre Sachen und verschwinden Sie!
Doch, Sie haben unsere Dienste gebucht, sagte er, weiterhin
völlig ungerührt. Über das Internet.
Nein. Jemand hat unseren Namen benutzt, und ich fechte den Vertrag
an. Jedenfalls werde ich Sie nicht bezahlen.
Das ist keine Drohung, sagte er ruhig, wir sind bereits
im voraus bezahlt worden.
Was? Aber... Wer konnte das getan haben? Ach ja, wer
wer legte seine Beete schnurgerade an, verfolgte jedes Unkraut einzeln
und beschwerte sich seit Jahren über unseren verwilderten
Garten? Wer, wenn nicht unser Nachbar rechter Hand? Und genau der stand
gerade auf seiner Terrasse und sah grinsend zu uns herüber.
Das alles ist ein Missverständnis, sagte ich und klang
sogar in meinen eigenen Ohren lahm.
Dann klären Sie das mit meinem Chef, sagte der Golem
gleichmütig. Ich mache solange mit meiner Arbeit hier weiter.
Verzweifelt starrte ich meine Frau an und sie mich. Ja, natürlich
konnte ich versuchen, die Sache mit seinem Chef zu regeln, aber bis dahin
wäre dann schon der ganze Garten verwüstet. Was konnte ich tun?
Meinen Vater um Hilfe bitte? Er würde den Golem mit einem Fingerschnippen
zu Tonkrümeln zerfallen lassen, aber ich war ein erwachsener Mann,
verdammt noch mal, und ich konnte nicht wegen jeder Kleinigkeit zu meinem
Vater laufen. Aber mir fiel nichts ein, was ich tun könnte, nichts,
zur Hölle... Ich war so wütend, dass ich mich fühlte, als
würde mir gleich heißer Rauch aus den Ohren quellen.
Meine Frau stieß mir ihren Ellenbogen in die Rippen. Was ist
los mit dir? Aus deinen Ohren dringt Rauch...
Und dann stolperte sie, und ich auch, weil ein Ruck durch den Erdboden
ging, es ertönte ein tiefes Grollen, und dann öffnete sich vor
unseren Füßen die Erde.
Wir traten einen Schritt zurück, nur der Golem ließ sich nicht
stören. Er war inzwischen bereits mit dem dritten Meter Hecke fertig.
Meine Frau klammerte sich an meinen Arm und starrte in das Loch, das
sehr tief vor uns gähnte.
Hast du etwas beschworen? fragte sie. Aber du hast doch
keine Kräfte, gar keine...
Ich glaube, ich habe etwas gerufen, sagte ich mit leicht zitternder
Stimme. Dank meines Vaters, der mit dem Herrscher der Hölle Tee trinkt
und widerspenstige Dämonen zum Frühstück verspeist (das
ist wörtlich zu verstehen Mahlzeiten konnten in meiner Familie
zu recht turbulenten Angelegenheiten werden), gelte ich als Halbdämon,
aber ich hatte keine der Fähigkeiten meines Vaters geerbt
oder zumindest hatte ich das bis heute geglaubt.
Ich blickte in das Loch. Ganz weit unten bewegte sich etwas, nur ein Schatten
gegen das rote Glühen und schlecht zu erkennen im Rauch...
Etwas kommt, sagte ich.
Ein Rudel Höllenhunde? fragte meine Frau hoffnungsvoll.
Nützt nichts, schaltete der Golem sich ein. Ich
bin bissfest.
Nein, sagte ich, es kommt von weiter unten von
viel weiter unten.
Der Verschlinger aus der Tiefe? fragte sie angstvoll.
Nützt auch nichts, stellte der Golem fest. Er verschlingt
mich, er spuckt mich wieder aus, er kann mir nichts anhaben.
Nein, sagte ich, von noch weiter unten.
Inzwischen konnte ich sie deutlicher sehen. Es waren drei, und sie sahen
aus wie...
Und dann tauchten sie aus dem Loch auf und standen auf dem Rasen neben
uns. Ja, wie sahen sie aus? Es waren drei, wie gesagt, und sie waren kleiner
als ich, sogar etwas kleiner als meine Frau. Sie wirkten fast menschlich,
nur die glatt anliegenden, etwas ölig wirkenden schwarzen Haare und
der leichte Geruch nach Schwefel verrieten sie. Ansonsten hätte man
sie mit ihren maßgeschneiderten Anzügen mit Weste, den goldenen
Manschettenknöpfen und den diamantbesetzten Nadeln in den Designerkrawatten
für erfolgreiche, gerissene und sehr, sehr teure Anwälte halten
können.
Bei Cthulhus ewig wechselnder Gestalt! rief meine Frau. Die
Anwälte des Teufels?
Die drei verneigten sich. Stets zu Ihren Diensten, sagte der
erste.
Wir freuen uns, Sie vertreten zu dürfen, erklärte
der zweite.
Sie haben ein rechtliches Problem? fragte der dritte.
Äh, ja, sagte ich und versuchte ganz schnell meine Gedanken
zu ordnen in der Gegenwart dieser Anwälte sollte man einen
klaren Kopf behalten, sonst behält man ihn möglicherweise gar
nicht. Offensichtlich wurde in meinem Namen ein Vertrag über
Gartenarbeiten abgeschlossen... Ich fasste die Sachlage kurz zusammen.
Ein Fall für mich! rief der erste der drei.
Und wir können nichts für Sie tun? sprach der zweite
und wirkte enttäuscht.
Nun, da ist noch die Frage des angerichteten Schadens...,
sagte ich, und der zweite Anwalt stieß ein erfreutes Ah!
aus. ... und natürlich der mutmaßliche Verursacher,
fuhr ich fort, und mit einem fast begeisterten Oho! blinzelte
der dritte meinem Nachbarn zu, der im Moment noch interessiert das Schauspiel
verfolgte.
Interessant blieb es auch. Zuerst stürzten die drei sich auf den
Golem. In Sekunden hatten sie ihn eingekesselt und redeten auf ihn ein.
Ich sah zu, wie sein Ziegelrot immer mehr verblasste.
Sie saugen ihm das Blut aus, sagte ich zu meiner Frau.
Golems haben kein Blut, wandte sie ein.
Möchtest du den Herren das erklären? fragte ich
leise.
Oh, sagte sie nur und schüttelte den Kopf.
Wir verfolgten interessiert den weiteren Verlauf der Dinge. Nachdem der
Golem ausgeschaltet war und blass und reglos im Garten herumstand, tauchte
als nächstes ein weiterer Wagen des Gartendienstes auf, mit einem
Menschen am Steuer. Fünf Minuten und eine kurze aber heftige Unterredung
mit den drei Anwälten später verschwand der Mann wieder, etwa
zwanzig Zentimeter kleiner als vorher. Seinen Golem nahm er mit.
Die Anwälte wandten sich jetzt meinem Nachbarn zu, und noch einmal
drei Minuten später kamen sie zu uns zurück. Über ihre
Schultern sah ich den Nachbarn auf eine Gartenliege sinken. Seine Frau
musste ihm Luft zufächeln.
Nun, wir haben die Angelegenheit zu Ihren Gunsten geregelt,
sagte der erste Anwalt strahlend.
Dies sollte Ihren Schaden ausgleichen, sagte der zweite und
drückte mir ein bemerkenswert dickes Bündel Scheine in die Hand.
Dazu eine Unterlassungserklärung Ihres Nachbarn, und dies und
das, um Sie abzusichern, sagte der dritte und reichte mir einige
Papiere.
Oh, danke, sagte ich, und dann fiel mir glühendheiß
etwas ein. Es bleibt noch die Frage Ihres Honorars, sagte
ich zögernd und fürchtete mich vor der Antwort.
Ach, nein, doch nicht, wenn wir für Sie arbeiten, wehrte
der erste ab.
Im Gegenteil, rufen Sie uns jederzeit wieder, sagte der zweite.
Und empfehlen Sie uns Ihrer reizenden Gattin, sagte der Dritte,
und dann sprangen sie in das Loch und waren verschwunden. Ein Grollen,
ein Ruck, und das Loch hatte sich geschlossen, als wäre es nie dagewesen.
Nur die verunstaltete Hecke und die gejäteten Pflanzen meiner Frau
bewiesen, dass tatsächlich etwas vorgefallen war.
Meine Frau starrte mich an. Du kannst die Anwälte des Teufels
rufen? Honorarfrei?
Äh, offensichtlich ja, sagte ich. Anscheinend komme
ich doch mehr nach meinem Vater als gedacht. Aber bitte: Lass uns diese
Waffe nur einsetzen, wenn es unbedingt sein muss. Sie ist zu schrecklich.
Dann gingen wir ins Haus, froh, noch einmal davongekommen zu sein. Und
damit meine ich nicht die drohende Verwüstung des Gartens.
© P. Warmann